Warm, satt, sicher und liquide
12.04.2022Alles wird teurer. Manches gibt es nicht mehr. Die meisten Leute haben so etwas noch nicht erlebt. So wundert es auch nicht, dass sich auf dem Buchmarkt Erstaunliches tut. Die Ratgeberecke füllt sich mit Titeln wie „Backen ohne Mehl, „Kochen ohne Öl“, Heizen ohne Gas und „Klogänge ohne Klopapier“. Andere Titel sind noch im Druck wie „Katalysatoren ohne Platin und Palladium“, Solarpaneels ohne Silber“ und „Strom ohne Atom, Gas und Kohle“. „Autofahren ohne Benzin“. Wird ein Bestseller. Ach, die haben schon vorgesorgt! Gut so! Manches erinnert an die DDR, nur dass es dort immer Mehl und Öl gab. Bananen und andere Südfrüchte waren immer Mangelware.
Wir erleben derzeit eine Inflation aufgrund eines Mangels, kurz „Mangelteuerung“. Was würde helfen? Mehr produzieren. Aber womit? Das würde die Preise sinken lassen, wenn es mehr gäbe. Gibt es aber nicht. Nun will die EZB die Zügel ihrer Geldpolitik anziehen. Viel Spaß, wenn dadurch die Investitionskosten steigen und auch noch die Schuldner in die Bredouille kommen, wenn die Wirtschaft trotz voller Auftragsbücher aber ohne Material stranguliert wird. Die Mangelteuerung tut dies ja schon. Man sollte nicht vergessen, dass diese Inflationsdaten schon vor dem Einmarsch der Russen in die Ukraine massiv zugelegt haben.
Aufschwung nur bei der Inflation
Unterdessen wurde die offizielle Teuerung mit 7,3 Prozent im März gemessen. Die in der Eurozone ist von 5,9 Prozent im Februar auf 7,5 Prozent im März gestiegen. In Erwartung einer Art von Zinswende steigen auch in Euroland Renditen. Zehnjährige Bundesanleihen werfen inzwischen 0,66 Prozent ab. Zieht man davon die Inflation ab, bleibt für Sparer nichts als ein Minus übrig. Wer auf sein Erspartes weniger als 7,3 Prozent Rendite netto im Jahr bekommt, verliert Kaufkraft. Oder er spart 7,3 Prozent seiner Ausgaben ein. Wo aber bekommt man 7,3 Prozent Rendite? Über den Verkauf seiner im letzten Jahr gehorteten Mehl- und Ölvorräte auf Ebay? Theoretisch. Der DAX hat binnen eines Jahres sechs Prozent verloren, Gold in Euro legte 21 Prozent zu und Silber 6,5 Prozent. Man sollte von allem etwas haben, denn streut man breit, kommt man weit. Nur Papiergeld trägt immer weniger. Es ist lediglich die Frage, wann man es für etwas Besseres ausgibt.
Nach und nach treibt es die Sparer aus ihren unverzinslichen und oft mit Strafzinsen belegten Guthaben. Die einen flüchten in den Aktienmarkt, weil es da Dividenden gibt. Nur vergessen sie, dass diese erst einmal erwirtschaftet werden müssen. Die anderen flüchten in Sachwerte, die in den nächsten Monaten knapp werden könnten. Man könnte ja sein Geld tauschen in Heizöl oder ein paar Kästen Bier und Brote im Eisfach, wenn es kein Mehl gibt. Oder auch in unverderbliche Waren. Aber was macht man mit dem Rest? Auf dem Konto lassen? Man sollte klugerweise das kaufen, was die Masse später verstärkt nachfragt. Das könnten durchaus Edelmetalle sein, wenn später der Hintern der Leute mit Blick auf ihre Ersparnisse unruhig wird. Davon gibt es ein paar Billionen. Ist es schon so weit? Sie werden das nicht aus den Zeitungen erfahren.
Am Golde hängt, zum Golde drängt...
Nun, mit Blick auf den Goldhandel liegt per letzten Freitag (8.4.2022) der Spotpreis für eine Unze bei 1.787 Euro. Die billigste Ein-Unzen-Münze beim Online-Händler wird mit 1.834 Euro angeboten. Das Aufgeld hat sich in den letzten Wochen erhöht. Interessant aber ist, dass Händler inzwischen Unzen auch für 30 Euro über dem Spottpreis aufkaufen, weil sie diese Münzen dann noch teurer verkaufen können. Was heißt das? Die Nachfrage ist aus gutem Grund robust.
Vielleicht sollte man aber auch darüber nachdenken, etwas Gold und auch Silber außerhalb der EU und Eurozone zu haben? Mit Blick auf Mehl, Öl und andere Dinge lehrt es wieder eins: Entweder man hat es. Oder man hätte es gerne gehabt. Noch ein Beispiel? Obwohl die wirtschaftlichen Aussichten nicht so rosig sind, halten sich die Weißmetalle Palladium, Silber und mit Abstrichen Platin ganz gut. Platin und Palladium werden für die Katalysatoren in der Autoindustrie benötigt. Da aber Palladium zu einem großen Teil bislang aus Russland kam, und sich das jetzt ändert, hortet die Industrie dieses Metall, auch wenn man nur schwerlich neue Autos produzieren kann, obwohl die Nachfrage danach recht groß bleibt.
Palladium hat dieses Jahr bislang 27 Prozent zugelegt. Platin liegt auf dem Niveau des Jahreswechsels. Aus Russland kommt viel von diesem Material, aber andere Länder können diese Lücke leicht schließen. Und das Silber? Das ist im ersten Quartal dieses Jahres um elf Prozent teurer geworden. Einerseits ist es Industriemetall und andererseits verkapptes Geld, Wertspeicher und Ersatz für Gold, wenn das zu teuer geworden ist - also eher etwas für die kleinen Leute.
Die Herausforderung der kommenden Monate bleibt auch weiter, einen warmen Hintern zu haben, einen gewissen Vorrat an Dingen, die man braucht und auch Hoffnung, dass die Lage im Osten Europas nicht zu einem GAU führt. Und flüssig bleiben muss man auch und dabei seine Kaufkraft erhalten. Nicht, dass man irgendwann auf einem Papierbündel Geld vor einem Laden steht und merkt, dass man sich weder dafür noch für die Versprechungen der Notenbanken in Sachen Geldwertstabilität etwas kaufen kann.
Details zum Staunen
Wir haben neulich erfahren, wie die EZB-Ratsmitglieder ihr Geld anlegen. Nur wenige besitzen Fonds oder Aktien. Die EZB-Chefin hingegen hat einen Teil ihrer Ersparnisse in zwei Fonds und in Immobilien gesteckt. Die deutsche EZB-Direktorin Isabel Schnabel („Wir sorgen uns eher darum, dass die Inflationsrate auf mittlere Sicht zu niedrig ausfällt statt zu hoch“) setzte Ende 2020 auf 44 Aktien und Fonds, darunter Biontech, Apple, Microsoft BASF und SAP. Bis auf elf Positionen hat sie alles verkauft. Müssen wir uns Sorgen machen? Die Wächter der Preisstabilität sichern sich also mit Aktien, Fonds und Immobilien (vielleicht auch Gold?) gegen die Schäden der eigenen Arbeit ab. Fair wäre es, wenn die „Geldhüter“ alles in Euro halten würden. Dann hätten wir wahrscheinlich eine bessere Geldpolitik und auch einen festeren Euro.