Frank Meyer Blog

Rekorde im Mai, Katzenjammer im Juni. Wie weiter mit den edlen Metallen?

13.06.2024

Die Edelmetallmärkte erinnern gerade mal wieder an eine Kneippsche Kur mit Kursausschlägen von fast 100 US-Dollar an einem Tag. Diese Differenz war übrigens mehr als doppelt so hoch wie damals, als Gold bis in die 70er Jahre des letzten Jahrhunderts weniger als 50 US-Dollar pro Unze kostete. Heute sind 100 US-Dollar Preisunterschied nicht mal fünf Prozent.

Gold hatte bis in den Mai hinein einen extrem guten Lauf und erreichte am 20. Mai bei 2.450 US-Dollar bzw. 2.286 Euro pro Unze neue Rekorde. Dann kam der Wasserfall. Die einen sind enttäuscht ob ihrer wieder kleiner gewordenen Gewinne, die anderen sehen jetzt die bessere Gelegenheit für einen Nachkauf. Was war passiert?

Der Grund für den Kurssturz am 7. Juni war angeblich eine Meldung aus China. Im Mai hatte das Reich der Mitte im Gegensatz zu den vielen Monaten davor kein Gold gekauft. Das ließ die Sorge aufkommen, dass China als Kursstütze für den Goldpreis wohl ausfallen könnte. Es wäre jedoch erstaunlich, das China mit seinen Käufen absichtlich die Preise nach oben treiben will. Im Reich der Mitte ist man durchaus preissensibel. Klar ist aber auch, dass China noch über hunderte Milliarden angesammelte US-Dollar verfügt, die es nach zu recyceln gilt, wohl aber nicht zu jedem Preis. Und das hat gute Gründe…

Erinnern wir uns an das Jahr 2022: Der Russe überfiel die Ukraine. Russische Vermögen im Ausland von einigen hundert Milliarden US-Dollar wurden darauf hin eingefroren. Die Sanktionen führten bei anderen Besitzern großer US-Dollar-Guthaben zur Sorge, dass man nicht mehr jederzeit auf seine Gelder zugreifen kann, vor allem, wenn politische Interessen eine Rolle spielen. Das Beispiel gegenüber Russland wurde als Weckruf verstanden. Entsprechend stiegen die Goldkäufe der Zentralbanken an, vorwiegend aus den Schwellenländern, und erreichten 2023 einen Rekord. Gold begann noch stärker als Reservewährung zu funkeln.

Erstaunlicherweise ist Gold 2022 und 2023 gestiegen, obwohl weltweit die Zinsen angehoben wurden. Früher wäre Gold gefallen, weil der dann positive Realzins zur Konkurrenz für das unverzinste Metall geworden ist. So aber war es die massive physische Nachfrage nach dem gelben Metall, was den Preis sogar steigen ließ.

Wer den Gold- und Silbermarkt kennt, der weiß, dass man mit teils heftigen und auch unerklärlichen Kursausschlägen umgehen muss. Die einen bemühen dann die technische Analyse, manche Beobachter die eine oder andere Verschwörungstheorie, von denen so manche dann doch mehr mit der Realität zu tun hatte, als geunkt wurde. Andere suchen in den fundamentalen Daten. Auf lange Sicht aber sind es die Erfahrungen aus der Geschichte des Papiergeldes. Sein langsamer Niedergang ist die eigentliche Ursache für in den letzten Jahrzehnten gestiegen Goldpreis - in allen Währungen der Welt. An diesem Trend wird sich auch kaum etwas ändern, außer die Regierungen und Zentralbanken kehren plötzlich wieder zu solidem Handeln und gutem Geld zurück. Dafür aber ist der weltweite Schuldenberg von über 300 Billionen US-Dollar zu hoch geworden. Nur deshalb fungiert Gold immer noch als die solideste Währung der Welt - ohne Fehl und Tadel - mit einer jahrtausendelangen Geschichte.

Silber, Platin und Palladium

Über Silber gibt es nicht viel Neues zu berichten. Der Markt bleibt auch in diesem Jahr weiterhin im Defizit, wo die Nachfrage das Angebot übersteigt. Trotz des Preisrückgangs um drei auf rund 29 US-Dollar liegt Silber in diesem Jahr mit satten 25 Prozent vorn, wobei der bleiche Bruder des Goldes weit seltener Schlagzeilen macht. Diesmal waren es aber die Preissprünge, die den einen oder anderen Artikel zur Folge hatten. Und wie so oft ist dann die Bewegung erst einmal gelaufen. Deshalb taugt die Berichterstattung in den Medien als einfacher Indikator für die kommenden Wochen. Bei optimistischen Berichten im Mainstream hält man sich besser mit Käufen bedeckt und kommt erst dann zurück, wenn die Experten die Arien der Abgesänge auf das weiße Metall komponieren. Dazu gehört Disziplin. Wer sich schon lange in diesem Bereich tummelt, kennt das ja schon.

Im Gegensatz zu Gold und Silber herrscht bei Platin und Palladium Tristesse. Palladium ist in diesem Jahr um weitere 19 Prozent billiger geworden, Platin um vier Prozent. Beide Weißmetalle besitzen nicht den Geldcharakter von Gold und Silber. Hier bestimmt maßgeblich die industrielle Nachfrage die Preise. Historisch gesehen, notierte Platin immer rund zehn Prozent über dem Goldpreis und müsste jetzt theoretisch eher bei 2.500 US-Dollar pro Unze notieren als bei aktuell 960 US-Dollar. Theoretisch. Palladium kostete vor zwei Jahren 3.000 US-Dollar, jetzt nur noch bei 900 US-Dollar. Hier wird die Nachfrage für Katalysatoren in der Automobilindustrie entscheidend sein. Sollten die Verbrenner wirklich verboten werden, bleibt es für die beide edlen Metalle schwierig, wieder nachhaltig auf die Beine zu kommen. Oder auch: Das kann dann dauern, bis der Boden drin ist. Aber es gibt auch Zeichen dafür, dass beim politisch eingeläutete Ende der Verbrenner längst nicht das letzte Wort gesprochen ist. Abschreiben sollte man die beiden Stiefkinder nicht.

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