Reise nach Jerusalem
11.04.2017Was für ein verrückter Markt, der Goldmarkt. Vom Silber ganz zu schweigen. Täglich werden weltweit rund neun Tonnen Gold aus dem Boden geholt. Nach verschiedenen Berechnungen sind so in der Menschheitsgeschichte rund 190.000 Tonnen zusammengekommen. Normalerweise, würde man ja denken, dass nur das gehandelt werden kann, was am Markt auch frei verfügbar ist. Denkste! Allein an der Londoner Goldbörse werden täglich (!) 5.500 Tonnen gehandelt oder im Jahr rund 1,4 Millionen Tonnen. Hinzu kommen noch die anderen Handelsplätze wie die New Yorker COMEX oder auch chinesischen Börsen. Mit echtem Gold hat das aber wenig zu tun, sondern mit Papiergold, was nicht mal glänzt.
Das eine ist Gold, das andere heißt nur so. Hier geht es nicht um Wert, sondern um die Spekulation mit dem Preis. Sollten Marktteilnehmer aber wirkliches Gold wollen, weil sich vielleicht die Umstände in unserem fragilen Geldsystem ändern, dann wird echtes Gold zu herkömmlichen Preisen knapp. Wir kennen das aus dem Spiel „Reise nach Jerusalem“. Nur der Letzte sitzt noch auf einem Stuhl.
Mit einem Plus von 8,3 Prozent im Gold (Euro) und einem Aufschlag von 12,1 Prozent beim Silber wird man wohl für 2017 nicht meckern können. Über die warmen Monate hinweg wird es eher ruhig im Edelmetallmarkt, wobei mit Blick auf die Großwetterlage wäre ich nicht sicher, dass es in diesem Sommer nur ein lauen Lüftchen geben wird. Klar ist nur: Eine Unze bleibt eine Unze. Nur ihr Preis schwankt.
In einer Welt, in der es immer mehr „Geld“ gibt, ist Edelmetall eine Art von Anti-Geld. Dorthin verkriecht sich das Geld, wenn es sicher sein will. Man verlässt die Party des Papiergeldes und setzt sich ab. Gleichzeitig hofft man, dass man das Gold nie benötigen wird. Anti-Geld ist etwas, was man besitzt und keine Forderung jemand anderem gegenüber. Anti-Geld kann man anfassen und auch wiegen. Herkömmliches Geld nur zählen.
Schaut man die Nachrichten da draußen an, ist es ziemlich unruhig geworden. Die doch recht entspannten Zeit der letzten Jahrzehnte könnte zu Ende gehen, wenn sie nicht schon vorbei ist. Zu den Herausforderungen zählt wohl auch, mit dem Einkommen auszukommen, auch wenn es nominal jedes Jahr etwas mehr wird, so sind doch immer mehr Leute real auf dem absteigenden Ast, die ab einem gewissen Punkt auch unzufrieden oder unruhig werden. Und das, was man gespart hat, schmilzt gewollt wie Schnee in der Sonne.
Ach, fast hätte ich es vergessen: Die EZB betonte neulich wieder, sie werde den Leitzins vorerst nicht anheben und ihn langfristig tief halten. „Wir haben betont, dass die Zinsen auch über das Ende der Anleihekäufe hinaus niedrig bleiben. Das lässt ja ahnen, was dem Euro künftig bevorsteht bzw. wie sich der Preis für das „Anti-Geld" namens Gold entwickelt, wenn der Euro politisch gewollt, so schwach bleibt.