Die heimliche Enteignung und anderer Experten-Unsinn
12.12.2016Gold fällt, wenn die Zinsen steigen und Gold steigt, wenn die Zinsen fallen, erzählen uns Experten. Was für Unsinn!
So wurde vor einem Jahr in den USA der Leitzins sanft angehoben und Gold hob mit ab, statt zu fallen. Die Experten waren verdutzt und rannten ihren Meinungen den Kursen mal wieder hinterher. Gold hätte dann eigentlich fallen müssen, denn die US-Notenbank redete sich immer tiefer in eine Zinswende hinein, von der man im gesamten Jahr dann nichts sah. Jetzt aber muss sie die Zinsen erhöhen, sagte einer ihrer Gurus, um glaubwürdig zu bleiben. Überhaupt sind die FED-Vertreter ziemlich witzig in ihren Formulierungen, also in gespielten Witzen. Was wird man aber sagen, sollte Gold dann wieder steigen, wenn die Zinsen steigen?
Erinnern wir uns an das, was in Europa zwischen Ende 2005 und 2007 passierte. Der EZB-Leitzins stieg von zwei auf vier Prozent und Gold verteuerte sich in der Zeit von rund 380 auf 550 Euro. Soweit zum Thema: Steigende Zinsen wären Gift für den Goldpreis.
Nominal – Real – Egal.
Es sind jedoch die realen Zinsen, die den Goldpreis bewegen, also das, was vom Geld übrig bleibt, abzüglich der offiziellen Inflationsrate. Beispiel gefällig?
Was bekommen Sie derzeit auf dem Sparbuch, sollten Sie noch eins haben? Im Schnitt 0,06 Prozent. Wer also 5.000 Euro gespart hat, bekommt nach einem Jahr drei Euro Zinsen. Da kann man es doch mal richtig krachen lassen. Bei einer offiziellen Inflationsrate von jetzt 0,8 Prozent hat man von den 5.000 Euro 40 Euro verloren, ohne es zu merken, denn nominal hat sich ja nichts geändert. Vielleicht hat man dann 5.003 Euro auf dem Sparbuch, aber noch 4963 Euro Kaufkraft übrig. Herzlichen Glühstrumpf! Packen Sie an der Stelle den Champagner schnell wieder weg!
Kurzum: Die realen Zinsen in Europa sind negativ. Man verliert automatisch Kaufkraft - gleichzeitig werten aber auch die Schuldenberge der Staaten und Unternehmen ab - ganz automatisch. So ist es gewollt. Der Name des Herrschers sei gepriesen … Draghi! Amen.
Deshalb ist der Euro im Vergleich zum US-Dollar so schwach. Die Finanzströme sind nach USA gerichtet. Gelder fließen aus der Eurozone nach Amerika. Dort gibt es noch Renditen, wenn auch wenig.
Wenn mehr Zinsen auf Erspartes übrig bleibt als die Inflation wegfrisst, hat es Gold schwer. Dann sind Tagesgelder, Sparbriefe, Anleihen und auch Bares besser als Gold, das nun wirklich keine Zinsen abwirft. Dafür sitzt man auf einem „Produkt“ auf Baumwolle, das auf Vertrauen basiert.
Wie sieht es im Moment aus?
Jetzt muss man noch zweimal um die Ecke denken. Sind Sie noch dabei?
In welcher Währung wird der Goldpreis berechnet? Experten sagen: In US-Dollar. Klar doch! Wir zahlen aber hierzulande alles in Euro, auch beim Edelmetallhändler, soweit ich das mitbekommen habe. Also ist der Goldpreis in Euro entscheidend. Nicht wahr?
Wenn aber der Euro gegenüber dem US-Dollar fällt, steigt Gold in Euro schneller als Gold in US-Dollar. Das erklärt auch, dass Gold in US-Dollar dieses Jahr bislang neun Prozent, Gold in Euro jedoch zwölf Prozent zugelegt hat. Anders betrachtet: Der US-Dollar hat gegenüber dem Gold neun, und der Euro gegenüber dem gelben Blech zwölf Prozent abgewertet. Nicht schlecht für ein Jahr!
Jetzt geht schon länger das Gerücht um, die Inflationsrate läge hierzulande bei winzigen 0,8 Prozent. Dabei erweist sich der offizielle Warenkorb der Statistikbehörde im Alltag als recht untauglich. Ihm fehlen die Anlagegüter wie Aktien, Immobilien, Grund, Boden, Sammlerobjekte und auch Anleihen, die die EZB mit ihren Aufkäufen künstlich im Preis nach oben treibt und die Renditen nach unten drückt. Im wirklichen Leben fühlen die meisten Leute eine höhere Teuerung, als ihnen die „Aktuelle Kamera“ erzählen möchte. Inklusive dieser Anlagegüter haben wir eine weit höhere „Inflation“ bzw. Teuerung. Aber der Einzelne hat ja bekanntlich keinen Durchblick und schon gar keine Deutungshoheit über die Preisentwicklung – nur ein komisches Gefühl.
Sollten aber die Preise weit schneller gestiegen sein als offiziell ausgewiesen, liegt der reale Realzins ja noch viel tiefer und die Leute verlieren noch schneller Kaufkraft, ohne es zu merken. Und sollte die EZB-Politik mit ihrer Inflationierung erfolgreich sein, und die wirkliche Inflation noch schneller nach oben rennen als heute, dann, ja dann werden die Leute zwangsläufig auf die Idee kommen, dass man sich um das gesparte Geld mehr Sorgen machen muss. Nicht weil auf den Scheinen die Nullen verschwinden, sondern weil man für sie weit weniger kaufen kann als heute. Wer weiß, wie viel man dann für Gold bezahlen muss?